Wie die Angst vor Nähe deine Beziehungen sabotiert

Wir haben fast alle Angst davor, jemanden zu nahe an uns heranzulassen.

Und wir alle haben unsere Strategien, um zu verhindern, dass jemand uns zu nahe kommt und damit unseren Panzer durchbricht. Wegen den Erfahrungen, die wir gemacht haben oder der Dinge, die uns gesagt wurden, haben wir Angst vor Nähe. Wir glauben aus irgendeinem Grund, dass diese Nähe nicht sicher ist für uns. Dass wir uns angreifbar machen, wenn wir sie zulassen.

Im Wesentlichen bedienen wir uns wegen unserer Angst vor Nähe zwei Strategien:

 

1. Strategie: In eine kühle unnahbare Person verlieben

Bei dieser Strategie projizierst du deine Liebe auf jemanden, der dir gegenüber distanziert und reserviert ist. Du spürst unbewusst, dass du ihn oder sie eigentlich emotional gar nicht erreichen kannst. Trotzdem tust du dein Bestes, um ihn oder sie von dir zu überzeugen. Auch wenn jemand anders in deinem Leben ist, der dir viel mehr Beachtung und Liebe schenkt: Zu dem kühleren Menschen fühlst du dich irgendwie mehr hingezogen.

Warum suchst du dir jetzt ausgerechnet so eine Person zum Verlieben aus?

Zum Einen könnte es sein, dass du dir selbst unbewusst beweisen willst, dass du nicht liebenswert bist. Du hast den Glaubenssatz, dass andere Menschen dich nicht lieben können und deshalb suchst du dir jemanden aus, der dir genau das bestätigt. Wir haben alle unsere inneren Überzeugungen, die wir uns selbst ständig im Außen bestätigen wollen. Beobachtungen, die nicht zu unseren Überzeugungen passen, werden ganz schnell unter den Tisch fallen gelassen.

Zum Anderen ist das Aussuchen einer unnahbaren Person auch eine ziemlich bequeme Escape-Strategie. Durch die emotionale Unzugänglichkeit der anderen Person läufst du natürlich auch nicht Gefahr, dass sie dir zu nahe kommt. Gleichzeitig kannst du in diesem Szenario bequem die Verantwortung von dir weisen.

Du wolltest ja Nähe. Du wolltest ja die andere Person an dich heranlassen. Aber sie war diejenige, die dich abgeblockt hat. Also bist du fein raus und kannst dann auch nichts mehr machen.

Wem du die Schuld gibst, dem gibst du die Macht.

Das Problem hierbei ist, dass eine riesengroße Projektion stattfindet. Du projizierst dein Problem auf die andere Person und bist damit auf einer Ebene, auf der du das Problem nicht mehr lösen kannst.

Das Problem, dass du dich selbst als nicht liebenswert empfindest und Angst vor Nähe hast, ist dein Problem und hat nichts mit der anderen Person zu tun.

Um es wirklich zu lösen, musst du es dahin zurücknehmen, wo es seinen Ursprung hat: Zu dir selbst.

Nur an seinem Ursprung kann ein Thema gelöst werden. Die andere Person dazu zu kriegen, dass sie dich doch heiß und innig liebt, würde dein Problem nicht lösen. Ohne innere Arbeit würdest du wahrscheinlich in diesem Moment aufhören, sie zu lieben. Weil die Liebe der anderen Person dann nicht mehr zu deinem inneren Programm passen würde und sie dann uninteressant für dich würde. Auch wenn du natürlich die ganze Zeit davon überzeugt bist, dass du dir genau das mehr als alles andere wünscht und alles dafür tust, endlich von diesem Menschen voll und ganz geliebt zu werden.

Wenn du dich in dieser 1. Strategie zur Vermeidung von Nähe wiedererkennst, lade ich dich dazu ein, dir selbst bewusst zu werden. Wenn du dich das nächste Mal zu einer unnahbaren Person hingezogen fühlst, dann beobachte dich selbst in diesem Muster und nimm es zu dir selbst zurück. Gehe einfach nicht darauf ein. Ein ins Außen verlagerter Kampf kann nicht gewonnen werden. Nie.

 

2. Strategie: Selbst die kühle unnahbare Person sein

Bei der ersten Strategie bist du immer in der „Pull“-Position. Du bist diejenige Person, die immer mehr vom anderen will und versucht, ihn oder sie an dich heranzuziehen.

Bei der zweiten Strategie bist du genau in der anderen Position. Du bist dann in der „Push“-Position.

Soll heißen: Die andere Person will immer ein bisschen mehr von dir als du von ihr. Die andere Person liebt und braucht dich immer ein bisschen mehr als du sie. Du spürst, dass du ihr gegenüber kälter bist als sie dir gegenüber. Du gehst immer ein bisschen auf Abstand.

Die andere Person erreicht dein Herz nicht völlig. Du sagst nicht innerlich zu 100% „JA“ zu diesem Menschen.

Auch diese Strategie erwächst deiner Angst vor Nähe. Unbewusst suchst du dir die bedürftige und dir unterlegene Person deshalb aus, weil du weißt, dass sie dir nicht gefährlich wird. Du spürst, dass du nicht für sie brennst und dass sie dich deshalb auch nicht verbrennen kann. Sie ist eine sichere Wahl, weil sie dir gar nicht zu nahe kommen kann. Und natürlich passiert das alles unbewusst und ist keineswegs böse Absicht von dir.

 

Typen von Beziehungssaboteuren

Die meisten Menschen neigen in ihren Beziehungen eher zu einer der beiden Strategien. Manche wechseln aber auch und wählen mal die eine und mal die andere Strategie. Auch in Freundschaften wirken diese Push-and-Pull-Mechanismen.

Vielleicht wählst du in Beziehungen eher die Strategie, dass du dich zu unnahbaren Menschen hingezogen fühlst und umgibst dich in deinen Freundschaften eher mit Menschen, für die du die unnahbare Person bist. Alle Variationen sind möglich. Sie richten sich auch danach, wie du die Beziehung zu deinen Eltern empfunden hast.

Bei mir ist es zum Beispiel so, dass meine Eltern beide in meiner Kindheit relativ emotional unzugänglich waren. Meine Mutter war aber deutlich kälter und zu ihr hatte ich gar keinen Zugang. Da ich relativ heterosexuell (blöde Klassifizierung) bin, lebe ich das Mutter-Muster eher in meinen Freundschaften aus. Hier habe ich mich schon öfter zu sehr kühlen Frauen hingezogen gefühlt und mich damit sehr unglücklich gemacht.

Bis zu dem Punkt, wo wir unsere Eltern-Themen auflösen, wiederholen wir diese Beziehungen oft in Endlosschleife und wundern uns dabei immer wieder über uns selbst. Rational erklären können wir uns diese Anziehung zu den scheinbar immer ähnlichen Menschen, mit denen es doch so offensichtlich nicht funktioniert nicht, aber aussteigen können wir daraus auch nicht.

Oder?

 

Lösungswege

Solange wir uns nicht unserer Angst vor Nähe stellen, geht das immer so weiter. Aus diesen Mustern auszusteigen ist die einzig sinnvolle Möglichkeit.

Sein eigenes Herz zu öffnen und ins Vertrauen zu gehen, das ist der Weg dahin.

Dabei können dir folgende Mindsets helfen:

Es gibt keine sichere Beziehung! Du kannst dir nie sicher sein, dass du nicht verletzt wirst. Du kannst dir nie sicher sein, dass du nicht verlassen wirst. Und nur um das Verlassen und verletzt werden zu vermeiden, einen „sicheren“ Partner zu wählen, den du aber gar nicht wirklich liebst – das bringt es auf Dauer auch nicht! Glaube mir, ich spreche aus Erfahrung.

Viel besser ist es, dich im vollem Bewusstsein der Unbeständigkeit der Liebe auf sie einzulassen.

Sicher sein kannst du dir nur deiner eigenen Liebe. Und solange du diese Liebe nicht verlierst, kann dir auch nichts passieren.

Klar ist es immer schmerzhaft, wenn eine wichtige Beziehung kaputt geht. Aber dieser Verlust ist nie lebensbedrohlich. Die einzige Liebe, die du wirklich zum Leben brauchst, ist deine eigene Liebe. Diese Selbstliebe entwickeln, das ist das Fundament für deine Fähigkeit, jemand anders zu lieben und die Liebe einer anderen Person annehmen zu können.

Wenn du dir selbst vertraust, dann kannst du auch anderen vertrauen. Wenn du dir selbst nahe bist, dann kannst du auch anderen nahe sein.

 

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