Kennst du diese Situationen, in denen sich das Ego sinnlos angegriffen fühlt? Und kennst du es auch, diese “niedere Regung” nicht zulassen zu wollen und durch Rationalisierungen dieses Gefühl wegmachen zu wollen?
Ich habe mich gerade genau dabei ertappt.
Zur Situation: Ich habe vor kurzem einen Mann gedatet und unsere Treffen waren so lala. Weil ich aber daran arbeiten will, Menschen Chancen zu geben und sie mehr zu akzeptieren, ich zu der Zeit etwas einsam war und wir uns auch schon irgendwie ganz gut verstanden haben (?), habe ich mich ein paar Mal mit ihm getroffen. Unser viertes oder fünftes Treffen dann war so dermaßen leidenschaftslos, dass wir beide eigentlich gar keine Lust hatten, uns noch zum Abschied zu küssen. Danach ebbte der Kontakt ab. Beide Seiten meldeten sich nicht mehr.
Eigentlich doch total gut, sagte ich mir. So bleibt es mir erspart, ihm eine Absage zu erteilen. Ist doch super, wenn er auch gemerkt hat, dass da nichts ist. Zumal ich diese Gespräche ala “Du, da ist irgendwie keine Chemie zwischen uns, tut mir leid….” auch sehr unangenehm finde. Also alles super…oder?
Trotzdem merkte ich, dass ich mich ärgerte.
Mein Ego fühlte sich angegriffen
Warum findet er mich denn nicht gut? Ich wollte gerne seine Bestätigung haben. Ich wollte, dass er mich gut findet, obwohl ich ihn nicht gut finde. Doch das konnte ich mir zunächst nicht zugestehen.
Ist ja auch ziemlich scheiße von mir, ihm zu wünschen, von mir abgewiesen und verletzt zu werden. Und doch gibt es diesen Teil in mir, der gerne Begehren und Bestätigung von Anderen haben will, ohne Rücksicht auf die Gefühle des Anderen.
Wenn ich mir das so eingestehe, dann mischt sich natürlich auch direkt Scham unter meine Gefühle. Ich schäme mich für meinen Egoismus und wünschte mir, anders zu empfinden.
Kann ich mich jetzt irgendwie zwingen, dass sich mein Ego auflöst oder anders zum Ausdruck bringt?
Ich glaube nicht. Was ich stattdessen versuche, ist, gnädig zu sein mit mir. Es ist völlig normal, sich manchmal gemeine oder spirituell nicht vertretbare Dinge zu wünschen. Wir sind alle Menschen und menschliche Gefühle haben die Palette eines Regenbogens.
Ich glaube, dass das nicht Wahrhaben-Wollen dieses Faktes nur zum Unterdrücken führt.
Wir sollten solche Gefühle einfach entspannt willkommen heißen und über uns selbst lachen, weil wir gerade so verpeilt unterwegs sind.
Wir wünschen dem Anderen ja gerade nicht wirklich etwas Böses, sondern reagieren wegen uns selbst auf diese Art und Weise. Das hat ja eigentlich nichts mit dem Anderen zu tun.
Und irgendwann reagieren wir vielleicht anders in ähnlichen Situationen
Einfach so, ohne dass wir uns dahin “erzogen” haben. Vielleicht hilft uns die Meditation dabei, anders zu reagieren. Vielleicht ist unser inneres Kind auch mittlerweile so satt geworden, dass wir uns gar nicht mehr die Bestätigung von Anderen so dringend wünschen.
Wie auch immer. Ich glaube, dass es wichtig ist, uns Zeit zu geben und unser Ego nicht vollkommen abzulehnen und zu haten. Es ist nun einmal da und unsere Entwicklung braucht Zeit. Ein entspannter Umgang damit hilft.