Fällt es dir schwer, deinen Raum zu schützen? Passiert es dir häufig, dass deine Grenzen von anderen nicht geachtet werden?
Dann bist du in diesem Artikel genau richtig! Hier schauen wir uns einmal genauer an, warum es dir schwer fällt, deine eigenen Grenzen zu schützen und du bekommst praktische Tipps dafür, wie Grenzen setzen dir in Zukunft besser gelingen kann.
Herausforderungen beim Grenzen setzen
Deine Grenzen nicht zu schützen, scheint in vielen Situationen einfacher als sie zu schützen.
Warum ist das so?
Das ist so, weil du deine Grenzen entweder nicht kennst oder du sie aus Angst vor Konflikten und der Befürchtung, die andere Person zu verletzen, nicht einforderst.
Es gehört erst einmal eine ganze Menge Mut und Selbstreflexion dazu, dir einzugestehen:
“Ja, hier ist eine Grenze von mir erreicht.”
Oft meinen wir, wir müssten mit allem klarkommen. Deshalb gestehen wir uns nicht ein, wenn wir an unsere Grenzen stoßen.
Das hat damit zu tun, dass die Meisten von uns als Kind die Erfahrung gemacht haben, dass ihre Grenzen nicht respektiert wurden.
Dadurch fühlten wir uns ohnmächtig. Um diese Ohnmacht nicht mehr spüren zu müssen, entschieden wir uns dann dafür, unsere Grenzen nicht mehr wahrzunehmen.
Wenn sie sowieso keiner achtet und ich mich dadurch dann nur schlecht fühle, warum sollte ich dann überhaupt meine Grenzen wahrnehmen? So denkt es in vielen von uns unbewusst.
Doch jetzt kannst du diese Entscheidung zurücknehmen. Jetzt bist du nicht mehr ohnmächtig. Du kannst deine Grenzen wahrnehmen und sie auch schützen.
Das wirklich zu verinnerlichen kann etwas dauern.
Jedes Mal, wenn du das Gefühl hast, du kannst deine Grenzen nicht schützen, komm zurück in deine Handlungsfähigkeit.
Werde dir bewusst und werde dir auch darüber bewusst, dass du nicht mehr ohnmächtig bist. Du bist kein Kind mehr. Du bist von keinem anderen Menschen als dir selbst abhängig. Dein Überleben ist gesichert. Immer und in jeder Situation.
Ängste beim Einfordern von Grenzen
Was ist nun in dem Fall, dass du deine Grenzen zwar wahrnimmst, aber sie nicht einforderst?
Erst einmal ist es wichtig, dass du in der Situation selbst in dich hineinspürst und dich fragst, warum du gerade deine Grenze nicht einforderst.
Vielleicht hast du Angst, die andere Person zu verletzen.
Vielleicht hast du Angst vor Ablehnung. Du befürchtest, dass die andere Person dich nicht mehr mag, wenn du auch mal “Nein” sagst.
Vielleicht hast du Angst, dass es zu einem Konflikt mit der anderen Person kommt. Du befürchtest, die andere Person wird sauer auf dich, wenn du mit dem Grenzen setzen anfängst.
Was auch immer der Grund ist: Nimm ihn erst einmal wahr und akzeptiere, dass er da ist.
Und dann kannst du mit diesen Befürchtungen in einen inneren Dialog treten.
Hilfreiche Sichtweisen
Du bist es wert, deine Grenzen zu schützen.
Wenn dich jemand nicht mehr mag, weil du dir selbst Raum gibst und nimmst, dann ist das möglicherweise sowieso nicht die richtige Person für dich.
Wenn sich jemand verletzt fühlt, weil er dein Grenzen setzen als Zurückweisung empfindet, dann ist das natürlich schade. Aber wenn du über deine Grenzen hinweggehst, dann hat auch die andere Person nichts davon.
Hintenrum wird es immer irgendwie auch auf sie zurückfallen. Wenn wir in Beziehungen unsere Grenzen nicht schützen, dann ist die Gefahr, der anderen Person gegenüber passiv-aggressiv zu werden, sehr groß.
Denn Gefühle wollen immer irgendwo hin. Sie müssen irgendwo hin.
Und wenn sie nicht fließen dürfen, dann kommen sie in den meisten Fällen auf viel schmerzhaftere Art und Weise doch irgendwie an die Oberfläche.
Außerdem ist die Verletzung durch passiv-aggressives Verhalten viel größer als wenn mir jemand sagt:
“Hey du, da ist meine Grenze. Bitte achte sie.”
Dann weiß ich, woran ich bin. Und ich weiß auch, dass ich es nicht persönlich nehmen muss.
Die Grenze einer anderen Person ist schließlich die Grenze der anderen Person.
Jeder anderen Person gegenüber hätte sie genau die gleiche Grenze.
Und wenn es zu einem Konflikt kommen sollte: Auch das gehört zu Beziehungen dazu. Wenn wir uns selbst ehrlich und authentisch leben, dann kommen wir zwangsläufig manchmal in Konflikt mit anderen Menschen.
Wenn du dich darin übst, Konflikte auszuhalten und sie nicht mehr zu vermeiden, wirst du sehen, dass sie gar nicht so schlimm sind. Du wirst es überleben und eure Beziehung vermutlich auch.
Schritte beim Grenzen setzen
1. Grenzen wahrnehmen lernen
Du musst deine Grenzen erst einmal wahrnehmen, damit du sie überhaupt einfordern kannst.
Klingt logisch oder?
Etwas, von dem du gar nichts weißt, kannst du natürlich auch nicht anderen Menschen gegenüber ausdrücken.
Und diese Grenzen zu spüren, ist eigentlich ganz einfach. Wir haben es nur irgendwann verlernt und diese Fähigkeit tief in uns verbuddelt.
Deine Intuition stärken ist ein Weg dahin, deine Grenzen wieder mehr zu spüren. Denn deine Intuition sagt dir immer, wenn du ein inneres “Nein” verspürst.
Du musst diese Stimme deiner Intuition nur wieder von leise auf laut drehen.
Dann nimmst du klar und deutlich wahr:
“Bis hierhin und nicht weiter. Das ist meine Grenze.”
Auch das ist nichts weiter als eine Übungssache. Wenn du regelmäßig in dich hineinspürst und dich fragst, was du gerade willst, dann kommt der Zugang zu deiner Intuition mit der Zeit.
2. Grenzen kommunizieren
So, jetzt nehmen wir einmal an, du kennst deine Grenze. Das bringt dich an den Punkt, an dem du für dich selbst aufstehen musst.
Andere Menschen kennen deine Grenzen nicht.
Oft nimmt man an, dass die andere Person das doch “merken muss”.
Quasi ganz von alleine, ohne dass du irgendwas dafür tun musst.
Und ja, das wäre natürlich schön bequem.
Aber nein, so einfach ist das leider nicht.
JEDER Mensch hat andere Grenzen.
Nur weil du es zum Beispiel nicht magst, wenn sich deine Freundin häufiger als einmal am Tag bei dir meldet, heißt das noch nicht, dass sie die gleiche Grenze hat. Vielleicht würde sie gerne morgens und abends etwas von dir hören. Aber wenn du ihr gegenüber offen deine Grenze kommunizierst, dann weiß sie, woran sie ist. Und sie muss dann nicht wilde Vermutungen darüber anstellen, warum du manchmal so genervt bist, wenn sie dich anruft. Sie weiß dann, dass es nichts mit ihr zu tun hat, sondern einfach nur mit deinem Bedürfnis nach Autonomie und Abstand.
Und klar kann es sein, dass es ihr nicht so leicht fällt, diese Grenze zu akzeptieren. Aber immerhin habt ihr dann beide den gleichen Wissensstand und könnt zusammen nach einer Lösung dafür suchen, wie eure beiden Bedürfnisse möglichst gut erfüllt werden können.
Vielleicht kann sie ihr erhöhtes Kontaktbedürfnis auch mehr in ihren Freundschaften ausleben. So wird deine Grenze respektiert und auch sie kann ihre Bedürfnisse erfüllen.
Und so könnte ich noch endlos Beispiele dafür bringen, wie das Aushandeln einer Grenze aussehen kann.
Beim Grenzen setzen ist es ein unvermeidbarer Schritt, die Grenze auszusprechen. Ohne Kommunikation ist der Schutz deiner Grenzen nicht möglich. Vertrau nicht darauf, dass die andere Person deine Gedanken liest und gib auch nicht irgendwelche passiven kleinen Hinweise. Du musst es laut und deutlich aussprechen. Nur dann hat die andere Person auch die Chance, deine Grenzen zu achten.
Positive Effekte vom Grenzen setzen
Klingt nach ganz schön viel Arbeit?
Ja, schon.
Aber das ist es wirklich wert!
Denn wenn du deine Grenzen schützt, bekommen deine Beziehungen eine ganz neue Qualität. Denn du projizierst dann nicht mehr deine Wut darüber, dass du deine Grenzen nicht geschützt hast, auf die andere Person. Der Raum, der in der Beziehung dadurch frei wird, kann sich mit Liebe füllen.
Und was noch viel wichtiger ist: Die Beziehung zu dir selbst bekommt eine ganz neue Qualität.
Denn du achtest dich selbst.
Das wirkt in deiner Beziehung mit dir selbst positiv auf dich zurück.
Wenn du dich traust, deine Grenzen vor anderen Menschen einzufordern und zu verteidigen, dann signalisierst du dir selbst damit:
“Ich bin mir etwas wert.”
Und das bringt dich auch beim Selbstliebe entwickeln enorm weiter. Wenn du dir selbst glauben willst, dass du dich liebst, dann ist dieser Schritt sehr wichtig.
Denn ein “Ja” zu mir selbst bedeutet manchmal ein “Nein” zu jemand anderem.
Das ist auch gar nicht weiter schlimm.
Wenn wir lernen, dieses “Nein” von der anderen Person bei ihr zu lassen und es nicht auf uns zu projizieren, dann bedroht es uns oder unsere Beziehung auch nicht.