Der Raum, den wir uns zurückerobern.
Es ist der Raum des wahren Selbst, der Seele, des freien Fließens. Ein Raum, der einst ganz natürlich da war und dann beschnitten wurde von Selbstzweifeln, Scham, dem inneren Kritiker, inneren und äußeren Stimmen.
Wenn du dir Kinderfotos von dir selbst anschaust, dann kannst du es sehen: an irgendeinem Punkt ging etwas zu. Erst war da nur Strahlen, Fließen, purer Selbstausdruck. Und dann legte sich die Welt über dich. Dinge wurden zu dir gesagt, so macht man es, so macht man es nicht. Das kann man sagen, das darf man nicht sagen. Sag den Nachbarn Hallo. Sitz ordentlich. Erst wird aufgegessen. Jetzt sei leise, du störst.
All diese Stimmen haben den Raum kleiner gemacht und die Kehle an manchen Punkten zugeschnürt.
Der Raum darf wieder wachsen.
Er darf leer geräumt werden bis er wieder der ursprüngliche Kristall ist, in dem du dich ganz pur spürst und spiegelst.
Für mich geschieht das ganz viel über meine Stimme. Ich sage Dinge, die ich früher nicht gesagt hätte. Ich spreche in Situationen, in denen ich früher geschwiegen hätte.
Wenn ich zweifle, dann sage ich es trotzdem und lasse den Zweifel durch- und abfließen. Wenn ich Scham fühle, dann spreche ich trotzdem und lasse die Scham daneben stehen.
Die Räume, die wir uns zurückerobern, sind bei uns allen verschieden und doch haben wir sie alle: die Räume, die leer oder zu voll waren und danach schreien, dass wir sie uns nehmen.
Ich habe es schon früher geliebt, in einer Statistik Vorlesung mit über 300 Leuten als Einzige die Lösung zu wissen und die Erklärung laut im großen Vorlesungssaal zu verkünden.
Und auf der anderen Seite habe ich immer „gut“ gesagt, wenn mich jemand gefragt hat, wie es mir geht, obwohl ich eigentlich so viel anderes sagen wollte. So viel mehr. Obwohl es mir in Wahrheit alles andere als gut ging. Aber da lag so viel Scham auf allen Gefühlen, die nicht „gut“ waren. Also habe ich geschwiegen und die anderen reden lassen. Ich habe ihnen zugehört und Rat gegeben und ich wurde dabei immer kleiner. Ich bin immer mehr verschwunden, bis ich selbst gar nicht mehr so genau wusste, wie es mir eigentlich gerade geht.
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9 Monaten ago